„Die kopflose Frau“ ist in den Medien bestimmt nichts Neues. Und damit ist nicht gemeint, dass Fotos von geköpften Frauen* (à la Marie Antoinette) publiziert werden. In vielen Artikeln – und das nicht nur in unserem „allseits beliebten Paradebeispiel“ der BILD – wird Frauen* einfach immer wieder der Kopf weggeschnippelt. Beine, Brüste oder Hintern scheinen oft wichtiger zu sein als das jeweilige Gesicht dazu. Nicht nur ein Problem der Boulevardmedien: Auch in der Qualitätspresse wie der „Tagesschau“ gab es schon merkwürdige Schnittbilder – wie den Kameraschwenk über Katja Sudings Beine im Beitrag des Dreikönigstreffens der FDP im Jahr 2015. Die Kamera hält auf die hohen Absätze und die dazugehörigen Beine der Politikerin. Schließlich setzt sich die Fahrt fort um dann doch noch die dazugehörige Politikerin zu zeigen. Man könnte fast von Glück sprechen, dass wir noch herausfinden können, zu wem die Beine gehören, denn Katja Sudings Gesicht kommt lediglich am Bildrand zum Vorschein – Glück gehabt!
Im Tagesschau-Blog entschuldigte sich der Chefredakteur Kai Gniffke bei Katja Suding – wobei der Link leider nicht mehr zu funktionieren scheint. Aber fast noch schlimmer: Es ist ja nicht so, als ob niemand mehr die Beiträge vor Ausstrahlung abnehmen und prüfen würde. Aber scheinbar wunderte sich auch in der ARD-Redaktion niemand mehr über Frauenbeine, wenn es doch eigentlich um Politik gehen sollte.
Mit Ironie gegen sexismus
Frauen* ohne Gesicht sind aber nicht nur im Journalismus zu finden, sondern auch in der Filmindustrie – denn auch hier gilt „sexism sells“. Ich weiß nicht, ob es eine geheime Faustregel gibt, aber so ziemlich alle anderen Körperteile einer Frau scheinen interessanter zu sein als ihr Gesicht. Das klingt jetzt vielleicht ein wenig übertrieben, aber schon ein schneller Blick auf Marcia Belskys tumblr „Headless Women of Hollywood“ zeigt deutlich, dass an der Sache etwas dran ist. Die amerikanische Journalistin sammelt und zeigt sexistische Filmplakate und nimmt ihnen ironisch den Wind aus den Segeln.
Es sei zum Standard geworden, dass man „Frauen um Kopf und Gesicht betrügt, sie fragmentiert, fetischisiert, entmenschlicht“, schreibt Marcia Belsky auf ihrem tumblr. Und dabei ist es völlig egal, worüber der jeweilige Film handelt. Das mitgelieferte Filmplakat suggeriert, dass es auf keinen Fall um den Kopf der Frau gehen kann und damit auch nicht um ihre Gedanken, Gefühle und Wünsche – sondern viel mehr um die Verfügbarkeit ihrer Schenkel.
Marcia Belsky: „DAMNIT […] WE WANT HEADS!!!!!!!!!!!!!!!!!“
Die Menschen haben sich so an die sexistische Darstellung von Frauen* gewöhnt, dass es oftmals erst eine Aneinanderreihung wie Marcia Belskys tumblr braucht, um überhaupt zu verstehen, dass Frauen* ständig und überall als sexualisierte Objekte herabgewürdigt werden. In diesem Sinne: You go girl! Mir reicht es nämlich auch so gar nicht, wenn Wahlprogramme, Produkte oder ganze Filme von ausgesuchten Körperteilen einer Frau* beworben werden. Wir befinden uns im Jahr 2016 und da sollten es auch endlich mal die Medien geschnallt haben: Frauen* haben ein Gesicht und sind kein öffentliches Objekt für die sexuelle Lust oder den Ausverkauf!
Britta Häfemeier
* Wenn von Frauen oder Männern gesprochen wird, wird sich auf alle Geschlechtsidentitäten bezogen.
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